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Jo wir schaffen das

Ihr seid alle schon ganz neugierig, hab ich gehört...! Wie schön!

Heute habe ich auch endlich mal wieder Lust, was zu erzählen. Der Camino ist ja mein ganz persönlicher Weg, deshalb teile ich eben nicht immer alles.

Auf die letzten Tage mag ich gar nicht groß eingehen - ich war meist sehr motiviert, hatte etwas Fersenschmerzen und meine Dankbarkeit war groß. Dankbar einfach für all das hier. Für die Natur, für meinen Körper, der das alles mitmacht, für die Leute, die ich treffe oder die ich generell in meinem Leben habe. Einfach alles ein Grund, dankbar zu sein.

Heute Morgen war ich dann allerdings traurig: Unsere Gruppe trennte sich. Brian hat Fußschmerzen und außerdem fliegt er am Sonntag nach Hause und deshalb sind Eszter und ich alleine von Carrión de los Condes aus los (Nach dem Frühstück, das Brian immer sehr wichtig war. Generell war er ein richtiger Caminopapa für uns - er sorgte sogar immer dafür, dass wir uns gesund ernährten!) Es war alles noch dunkel und wir machten uns auf die 18 km lange „Horrorstrecke“ der Meseta. Tatsächlich war die aber gar nicht so Horror wie befürchtet. Natürlich ist es zwischendurch schwierig, wenn sich die Landschaft nicht verändert, aber wortwörtlich Schritt für Schritt geht es ja trotzdem weiter. Ich weiß nicht, ob ich das schonmal gesagt hab, aber jeder Tag riecht hier anders: Heute roch es nach den süßen Weizenfeldern und nach Ginster. (Der Sonnenaufgang ist übrigens auch immer einzigartig.)

Ich hab heute Uwe wiedergetroffen! Er saß neben Theresa (aus den USA, ich weiß nicht, ob ich sie schonmal erwähnt hatte) und beide winkten fröhlich vom Wegesrand aus. „Schön, dich lachen zu sehen!“, rief Uwe. Ja, auch schön, zu lachen.

Das französische Pärchen, wovon der Mann mir zu einem zweiten Stock geraten hatte, trafen wir auch und ich sagte ihm, dass es so wirklich „mieux“ sei.

Nach dreieinhalb Stunden hatten wir diese härteste Etappe dann geschafft. Was wir für einen Turbogang eingelegt hatten, weiß ich auch nicht (normalerweise geht man so 4 km pro Stunde)... Naja, dann haben wir dort auf zwei Steinbänken ein bisschen ausgeruht und Dinokekse gegessen, nachdem wir in einer Herberge auf die Toilette gelassen wurden, nachdem der Herbergsvater uns erst einen Schlafplätze, dann einen Stempel andrehen wollte, weil er kein Englisch sprach.

Meiner Ferse geht es heute vergleichsweise sehr gut. Dafür fängt meine Hüfte wieder an, echt klasse...

Aber: Die Hälfte ist geschafft! Gestern hatte ich „Bergfest“! Und morgen in zwei Wochen bin ich schon in Santiago! Ist das nicht krass?

Die letzten neun Kilometer bis nach Terradillos de los Templarios waren sehr sonnig. Aber ich mochte die Strecke dennoch. Eszter und ich reden nie viel, aber zwischendurch fällt dann doch ein „Können wir das schaffen?“ „Jo, wir schaffen das!“ oder wir quatschen über den gut duftenden Ginster am Wegesrand, den tiefliegenden Storch, den wir gesehen hatten, die vielen Feldmäuse, die über den Weg huschen oder das Froschgequake.

Als ich gerade ein Steinherz legte, lernten wir Rick kennen. Der ist mit einer Gruppe auf dem Fahrrad unterwegs. Wir bewahrten ihn dann tatsächlich noch davor, in einen Abgrund zu fahren (den konnte man von seiner Seite aus nicht sehen) und er war dafür sehr dankbar. Rick kommt aus Atlanta. Und bei Atlanta dachte ich natürlich sofort an eins: Mama! Beziehungsweise die Drachenboot-WM letztes Jahr. Davon erzählte ich Rick.

“Your mum does it? Wow! That is hard! You‘ve got a strong mum“, sagte Rick. “I know”, sagte ich.

Vor den letzten drei Kilometern machten wir doch noch unsere Halstücher als Kühlung nass und ich auch meine Kappe. Es ist echt heiß.

Nun, jetzt sind wir in der Herberge und entspannen. Das haben wir uns aber auch echt verdient! Die „Stadt“ hier ist echt nicht groß, es gibt nichtmal einen Supermarkt...

Ich werde mich gleich direkt mal wieder ins Bett legen. Gerade sitze ich noch bei Dalia und Sophia aus Mexiko, aber ich muss ja morgen wieder früh raus.

Liebe Grüße,

Lisa