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You CAN always get what you want

Szia Lisa vagyok und ich bin gerade zufrieden.

(Das heißt „Hallo, ich heiße Lisa“ auf Ungarisch.)

Nachdem gestern ein wirklich, wirklich schöner Tag war (dazu später mehr), war heute wieder ein schwieriger... Meine Ferse tut mir sehr weh beim Laufen und das war echt unangenehm. Außerdem hatte ich Angst vor der Meseta, dieser heißen, fast wüstenähnlichen Region hier auf dem Weg... (Heute war es bewölkt, also gab es einen nicht zu warmen Einstieg in diese Gegend.) Generell war da plötzlich viel Angst; es nicht zu schaffen, zu wenig Zeit zu haben, die Zeit nicht genießen zu können etc. Und dazu kam noch so eine innere Bockigkeit, die mir sagte: „Ich will nicht Bus fahren! Nie! Nein, nein, nein. Und mein Gepäck trage ich auch immer selber! Dann leide ich halt!“ Total bekloppt, wenn ich jetzt so drüber nachdenke...! :D 

Naja, aber zum Glück hat der Camino mir mal wieder geholfen. Wenn der Camino wirklich wie das Leben ist, wie man hier sagt, dann ist das Leben ein sehr schöner und sicherer Ort. Da ist immer jemand, der DIr anbietet, dein Gepäck - sei es emotional oder physisch - ein Stück zu tragen. Da ist immer jemand, der Dir Schokolade kauft, weil dadurch alle Wunden heilen. Da sind Leute, die Dir Schuhe leihen, die dich beschenken - mit Lächeln, mit Worten und mit Dingen zum Anfassen. Heute waren zwei besondere Leute für mich Brian aus Irland und Eszter aus Ungarn. Ich habe sie gestern kennen gelernt und bin heute Früh (naja, geht so „früh“, weil wir erst um 6.30 Uhr aufstehen DURFTEN und dann noch alle zusammen in der Herberge gefrühstückt und aufgeräumt haben) mit ihnen losgelaufen. Sie haben mich sehr unterstützt. Ich habe geweint auf dem Weg - sie haben versucht, mich zu trösten. Manchmal müssen wir lernen, dass das, was wir wollen, gar nicht das ist, was für uns bestimmt ist, meinte Brian. Eszter machte Musik an: “Maybe it is easier with music for you and I think you‘ll like this Song.“

Wir waren in einer kleinen Kirche und dort habe ich auch geweint, während Esther und Brian beteten. Ich habe von Schwester Nati (sie passt auf diese Kirche auf und verteilt die Stempel) eine Kette geschenkt bekommen. Auch wenn dieses katholische Getue manchmal nervig ist, fand ich es heute ziemlich tröstlich. Schwester Nati sprach Französisch mit mir und war wirklich sehr nett. Ich sammelte in dieser Kirche echt neue Kraft.

Auch wenn es anstrengend war, flog die Zeit dahin. Kurz vor Hornillos del Camino lernten wir noch Holländer*innen kennen, die gerade ihren ersten Tag auf dem Camino erleben. Man merkt das richtig, dass sie noch „frisch“ hier sind - sie haben noch nicht so viel durchgemacht...

Kurz vor der Herberge kam uns eine junge Frau entgegen, schaute mich direkt an und meinte auf Englisch „Ist DAS dein Stock?“. Ich bejahte das natürlich. Und sie fragte mich dann, ob ich ihren Stock haben wolle. Sie erklärte, dass morgen ihr letzter Tag sei und sie ihren (WUNDERSCHÖNEN) Stock jemandem geben wolle, der/die nach Santiago geht. Und so habe ich den Stock bekommen. Er ist soooo schön! Mit Blümchen und einem „Buen Camino“-Schild sogar! Ich bin echt dankbar für solche Erlebnisse!

Heute war dann das erste Mal, dass ich in der Wunsch-Herberge keinen Platz bekam. Aber diese hier ist auch schön, glaube ich.

Gestern bin ich den Tag über mit Ilse rumgelaufen. Sie ist aus Berlin (ihr Sohn lebt aber in Hagen) und 66 Jahre alt. Ich hatte gestern das Gefühl, richtig auf dem Camino angekommen zu sein. Endlich! Es war ein erfüllendes Gefühl. Ich hab noch mit Ilse Churros gegessen und Kaffee getrunken in Burgos und bin dann zur Herberge, wo ich mich mit den Leuten von vorgestern verabredet hatte (die waren aber noch unterwegs). Die Herberge hatte noch zu, so erfuhr ich von Brian und Eszter, die ich da kennen lernte. Wir beschlossen, zusammen zur Kathedrale zu gehen - denn es gab sogar eine Messe. Und tatsächlich, auch, wenn ich einfach nur dasaß und nicht betete oder soetwas, hat mir das Ganze etwas gegeben. Die Kirche ist unfassbar beeindruckend und die Atmosphäre war sehr schön! Viel Zeit und Raum zum Gedanken fließen lassen. Nach dem Duschen ging ich wieder in die Stadt, diesmal mit Simon, Lissi, Menas und Melanie und traf dort Emily und Keith aus Kalifornien und den Simon aus New York. Wir schauten uns eine riesige Festivität in/an der Kathedrale an. Die Messe war mir deutlich zu groß, aber es war interessant, zu sehen, was für ein Tamtam um die Prozession danach gemacht wurde. Sogar der Erzbischof war da... Abends aßen alle aus der Herberge zusammen und Marie Noëlle, die Leiterin, hatte für mich sogar extra etwas Vegetarisches vorbereitet! Es gab Linsensuppe und Salat und Mandeln und Brot und zum Nachtisch Pudding UND Nusskuchen! Nicht das olle Pilgermenü mit Pommes und Pasta...! Wir saßen nach dem Essen noch zum Beten zusammen (es gibt immer solche „Pilgersegenssprüche“) und teilten dann alle, was gut und was schlecht war an unserem Tag. Was für mich schlecht war - und auch heute schlecht ist - war eben meine Ferse, die angefangen hatte, wehzutun. ABER: Ich sprach gerade mit Melanie darüber, weil die Physiotherapeutin ist, und schon stand ihr Freund Menas neben uns, hörte mit und meinte, er habe sich Fersenpolster gekauft, die er aber doch nicht brauche. Ich könne sie haben.

(Das hier ist die Kathedrale in Burgos.)

Nachdem ich mich mit einer Faszienrolle ausgerollt hatte, ging ich dann auch ins Bett und schlief ziemlich gut. 

Nun, jetzt werde ich mal duschen und dann einfach einen ganz ruhigen Nachmittag haben, damit meine Ferse sich erholen kann.

Ganz liebe Grüße,

Lisa